Ihre Heimat war der Tabak - Teil 1
Der spätsommerliche Abendhimmel taucht die Skyline in ein entspannendes Rot. Zürich. Esperanzas Heimat seit 15 Jahren.
Sie nimmt einen Zug ihres Cigarillos und verbläst mit dem Rauch ihren Blick auf das romantische Grossstadt-Bild. Heute ist sie nicht ganz bei sich, sie fühlt sich verträumt, beinah nostalgisch. Die Menschen um sie herum verwehen vor ihrem Auge, wie der Rauch ihres Cigarillo.
Früher waren Cocktail-Parties für sie das Grösste. Wie verzaubert war sie damals von der edlen Gesellschaft, die in ihr die Sehnsucht weckte, dazuzugehören. Wie oft hatte sie ihr Outfit vor jedem Event gewechselt. Nervös, gespannt, voller Vorfreude. Ihre Erscheinung sollte perfekt sein. Keinen Zweifel übrig lassen, dass sie nicht in dieses elitäre Leben hinein geboren war. Kein Anschein, nicht ein einziger, aus welchen Verhältnissen sie wirklich stammte und wie und wo sie die Hälfte ihres Lebens verbracht hatte.
Esperanza riecht an den hochwertig verarbeiteten Tabakblättern ihres Cigarillos. Während die meisten Menschen auf dieser Party diese nur rauchen, spürt sie eine warme Verbundenheit. Der Geruch der Tabakpflanzen ist ihr gegenwärtig. Die Arbeiter auf dem Feld, welche die grossen Blätter einsammeln, mit ihren rauen Händen zusammenbinden, sie aufhängen, um sie trocknen zu lassen. Das kilometerlange Grün ist vor ihren Augen noch ganz nah.
Ihr verträumter Blick fällt auf ihren Mann, Christian. Und in den unwirklichen Rauchschwaden um sie herum steigt auch die Erinnerung an ihr erstes Kennenlernen wieder auf.