Stellen Sie sich vor: Sie haben Feierabend und freuen sich auf einen besonderen Genussmoment. Sie nehmen eine Zigarre in die Hand, zünden sie mit ruhigen Bewegungen an und schon entfaltet sich der erste Duft. Ein warmer Rauch steigt auf, erdig, würzig, vielleicht mit einer feinen süsslichen Note. Mit jedem Zug zeigt sich mehr von der Vielfalt der Zigarre: Aromen, die sich Schicht für Schicht öffnen – mal kräftig, mal weich – und dem Moment eine besondere Tiefe verleihen. Wenn Sie eine gute Zigarre rauchen, spüren Sie schnell: Dahinter steckt viel mehr als nur Tabak – es ist das Ergebnis von Erfahrung, Feingefühl und Tradition.

Doch wer erschafft dieses orchestrierte Meisterwerk, das Zigarren-Geniesser weltweit in seinen Bann zieht? Hinter dem intensiven Genussmoment steht der Master Blender – ein wahrer Künstler des Tabaks. Heute stellen wir Ihnen einen solchen «Tabakvirtuosen» vor. Wir durften den Master Blender Yasserth Reyes aus Nicaragua bei uns in Pfeffikon willkommen heissen und erfuhren im Interview, wie er seinen anspruchsvollen Beruf erlernte und warum er so stolz darauf ist.

Interview Yasserth Reyes und Nadine

Die wichtigste Frage ist: Was genau ist ein Master Blender? Was machst du eigentlich in deinem Beruf?

Yasserth Reyes: Eine sehr gute Frage. Für mich hat der Beruf des Master Blenders zwei Ebenen. Die eine ist die Verantwortung als Arbeiter und als Unternehmen, dass das, was man erschafft, erfolgreich wird.
Die zweite Ebene ist die Leidenschaft, die man investiert, damit die Erwartungen der Kunden erfüllt werden. Ein Master Blender versetzt sich in die Lage des Konsumenten, um in jeder Mischung nach Perfektion zu streben. Er weiss, dass es für jede Gelegenheit und jeden Aficionado die richtige Zigarre gibt. Der Master Blender ist die Person, die das Wissen, die Geduld und vor allem die Leidenschaft hat, Tabak so zu kombinieren, dass er die Seele der Menschen berührt, die ihn rauchen. Er will den Blend so gestalten, dass er ihn mit möglichst vielen Menschen teilen kann. Es erfüllt einen mit Stolz zu wissen, dass das, was man tut, den Menschen Freude bereitet – und wenn man sie irgendwann trifft, sagen sie dir: «Was für eine grossartige Zigarre».

Wie war dein erster Kontakt mit Zigarren?
Ich war jung und hatte gerade die Sekundarschule in meinem Land beendet. Verwandte von mir waren in der Zigarrenherstellung tätig. Mich faszinierte die Frage, worum es beim Tabak eigentlich geht. Wenn ich meine Verwandten bei der Arbeit sah und sie danach fragte, konnte es mir niemand erklären oder zeigen. Also wollte ich es selbst herausfinden. Das war mein erster Eindruck – und der Grund, warum ich schliesslich bei den Zigarren gelandet bin.
Als ich dann in einer Zigarren Manufaktur war, musste ich mich durch die verschiedenen Tabake und Blends probieren, um zu verstehen, worum es geht. Mein Kontakt zur Welt des Zigarren war die Neugier. Und die habe ich bis heute, weil man überall immer wieder etwas Neues lernt.

Wie hat dein Berufsweg gestartet?
Ich ging damals los, um nach Arbeit während meinem Studium zu suchen. In Estelí, das als Herz der nicaraguanischen Zigarrenproduktion gilt, ging ich drei Mal in eine Fabrik, um eine Lehrstelle zu bekommen – ich bekam jedoch keine. Zu diesem Zeitpunkt wurden nicht viele Angestellte gesucht.

Aber ich gab nicht auf, weil ich unbedingt eine Arbeit finden wollte – und ausserdem ja herausfinden wollte, was Tabak ist. Dann sprach ich mit einer Familie die ich kannte, die mir dann eine Empfehlung schrieb, damit ich lernen durfte.
Nach etwa einem Monat konnte ich direkt in die Produktion einsteigen. Ich erinnere mich noch, als wäre es heute – mein erster Wochenlohn war wahrscheinlich ein Dollar oder weniger. Aber das hielt mich nicht davon ab, weiterzumachen.
Den weiteren Weg ging ich Schritt für Schritt. Ich hatte die Chance, als Bonchero (Buncher: wickelt die Einlage und das Umblatt zu einem Bunch), in der Tabakvorbereitung und sogar bei den Pilones (Fermentationsstapel) zu arbeiten. Später, als ich meine Ausbildung abgeschlossen hatte, konnte ich im Qualitätsmanagement und in der Produktentwicklung arbeiten. Bei Joya de Nicaragua, der ältesten Manufaktur in Nicaragua, durchlief ich alle Stationen. Besonders die Qualitätskontrolle gab mir einen Überblick über viele anderen Bereiche.
Ich führte auch Mitarbeitende und schliesslich fing ich an, zusammen mit Kollegen eigene Blends zu kreieren. Diese Erfahrung brachte mich zu VILLIGER de Nicaragua.

Das war ein sehr langer Weg, oder?
Ja, mein Weg bis hierhin dauerte 20 Jahre, ich fing mit 17 an.
In Nicaragua endet die Schule mit 16. Danach studierte ich Business und spezialisierte mich später auf Finanzen. Während des Studiums arbeitete ich und wir machten Zigarren. Eine Zeit lang war ich in einer anderen Branche tätig, aber seit 2016 bin ich wieder ganz zurück in der Tabakindustrie.

Hattest du einen Mentor oder prägte dich eine bestimmte Person auf deinem Weg?
Früher dachte ich, man könne das klar definieren. Aber nein – in der Welt des Tabaks lernt man von allen ein bisschen.
Es ist nicht so, dass ein einzelner Mensch dich prägt. Denn am Ende muss es Neugier sein, die dich antreibt. Niemand kann dir Tabak in einem Buch erklären. Wenn du es nicht fühlst, funktioniert es nicht. Jeder lehrt dich nur innerhalb seiner Grenzen. Es liegt an dir, von allen zu lernen.
Alle verdienen Respekt – egal ob sie in der Dominikanischen Republik, in Kuba oder in Nicaragua Zigarren machen. Alle arbeiten mit Leidenschaft, auch wenn jede Region ihren eigenen Stil hat.
Und im Prozess mit Tabak – obwohl die Pflanze angeblich stirbt, wenn man sie schneidet – lernt man unendlich viel, von der Ernte über die Fermentation bis zur Reifung. Man lernt immer, wenn man den Willen dazu hat.

Und du nimmst von jedem ein Stück mit für deinen Weg, oder?
Genau. Und heute kann ich mit Sicherheit sagen: Auch wenn man versucht, die Nervosität bei Entscheidungen zu kontrollieren – es fühlt sich immer noch an wie am ersten Tag. Warum? Weil man immer nur das Beste will. Man will, dass die Menschen Freude haben, dass sie immer wieder zu der Marke greifen, sich immer wieder in sie verlieben. Das ist ein positiver Druck. Meine Verantwortung ist es, stets mein Bestes zu geben.

Natürlich. Aber es gibt Grenzen, oder? Schliesslich ist Tabak eine Pflanze – man kann sie nicht wie andere Dinge kontrollieren.
Richtig, man kann nicht alles kontrollieren. An einem Prozess sind etwa 300 Menschen beteiligt – das sind 600 Hände. Man kann hoffen, dass alle ihr Bestes geben.
Niemand kann jeden einzelnen Schritt überwachen. Was man aber tun muss, ist: permanent kontrollieren und an den entscheidenden Punkten prüfen. Nur so bleibt die Konsistenz erhalten. Denn wenn man eine Kiste öffnet, erwartet man dieselbe Qualität – wie bei einer Flasche Wein, die man letzten Monat gekauft hat.
Aficionadas und Aficionados erwarten jedes Mal das gleiche Erlebnis wie beim ersten Zug. Deshalb probiere ich meine Blends immer auch selber – denn wer nicht probiert, kann kein Master Blender sein. Nur so lässt sich die gewünschte Beständigkeit und gleichbleibende Qualität sicherstellen. Wir in Nicaragua sind die direkte Erweiterung von VILLIGER in Deutschland und in der Schweiz. Da gibt es keinen Unterschied.

Und wo beginnt deine Arbeit? Mit bereits fermentiertem Tabak oder schon vorher?
Unsere Arbeit beginnt nicht mit dem Kauf des Blatts, sondern bei den Menschen. Man muss den Bauern überzeugen, den Fermentierer, den Qualitätsprüfer – alle müssen verstehen, dass ihr Beitrag Teil eines grösseren Ganzen ist.
Wenn ein Tabakbauer zu sehr auf Quantität und nicht auf Qualität setzt, merkt man das spätestens beim Genuss der Zigarre. Hierunter leiden z.B. Aromen oder auch der Abbrand. Das merkt man spätestens beim Rauchen. Deshalb muss man ihn von Anfang an überzeugen, es richtig zu machen.

Plantage Nicaragua

Dasselbe gilt für die Fermentation: Manche wollen Kosten sparen und die Zeit verkürzen – aber dann stimmt die Qualität nicht. Also muss man Überzeugungsarbeit leisten. Zum Glück haben wir das in Nicaragua sehr gut geschafft.
Wir sind eine junge Fabrik mit über zwei Millionen Zigarren pro Jahr. Qualität ist für uns nicht verhandelbar. Deshalb kaufen wir nur Tabak von Bauern, die wir kennen und die unsere Standards teilen. Es geht also darum, alle Beteiligten mitzunehmen.

Es ist also eine sehr grosse Verantwortung, oder?
Ja. Unsere Manufaktur in Nicaragua ernährt 60 bis 70 Familien. Wenn wir es gut machen, geht es uns allen gut. Das ist unsere Verantwortung.
Wir geben unser Bestes – weil wir wissen, dass es nur gemeinsam funktioniert. In Deutschland, der Schweiz und allen anderen Ländern vertraut man uns. Und wir hier vertrauen wiederum den Menschen in der Produktion. Es ist kein maschineller Prozess – es ist Überzeugungsarbeit, Teamarbeit, Handwerk. Zigarren sind mehr als ein Produkt. Sie sind Teil einer sozialen Struktur.

Zum Schluss: Was ist deine wichtigste Botschaft, die du in diesem Interview vermitteln möchtest? Ich möchte, dass wir den Menschen zeigen, wie authentisch unsere Leidenschaft für Tabak ist. Wir Nicaraguaner sind oft sehr bescheiden, die Deutschen und Schweizer auch. Die Kubaner oder Spanier kommunizieren ihre Leidenschaft viel direkter.
Darum sage ich: Wir müssen laut und deutlich sagen, wie sehr wir lieben, was wir tun – und dass wir diesen Familientraditionen verpflichtet sind.
Denn Zigarren sind mehr als ein Produkt. Sie sind Teil einer sozialen Struktur: vom Samen über die Bauern, die Fermentation, die Verarbeitung, bis zur Auslieferung in die Läden. Hunderte von Familien leben davon – in Nicaragua, der Dominikanischen Republik, Deutschland, der Schweiz oder auch Indonesien. Wir sind eine globale Familie mit Werten und Traditionen.
Und am Ende bringen Zigarren den Menschen oft sogar mehr direkten Nutzen als andere grosse Exportprodukte wie Kakao oder Kaffee – weil sie so viel Handarbeit brauchen, die nicht maschinell ersetzt werden kann.
Darum wünsche ich mir, dass die Menschen erkennen: Wir teilen etwas, das besteht – seit Kolumbus in Amerika ankam. Tabak ist Teil unserer Kultur, Teil unseres Lebens und Teil unserer Familien.

Ein kleiner Ausblick: In unserem nächsten Blog im Dezember erfahren Sie, wie der perfekte Blend entsteht und welche Zigarre Yasserth als die beste der Welt empfindet. Nicht verpassen!

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Heinrich Villiger – Ein Leben für die Zigarre, ein Vermächtnis für Generationen

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